Herbert Boeckl 1894 - 1966
Sturm und Drang Meisterjahre Tod und Verklärung

Ausstellungseröffnung am Mittwoch, dem 15. März, 17.30 bis 20.00 Uhr

Einleitende Worte: Dr. Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina

WIELAND SCHMIED - Ein Wurf am Beginn

Am Anfang des malerischen Oeuvres von Herbert Boeckl steht ein Meisterwerk. Es kommt von einem 26jährigen Autodidakten, der gerade vier Jahre Kriegsdienst abgeleistet, und, zeitlich teilweise hineinverwoben, seit 1912 erfolgreich ein Architekturstudium in Wien absolviert hat.
Das Gemälde Gruppe am Waldrand (Tafel 4) entsteht im Sommer 1920 in Töschling am Wörthersee. Es ist mit den Maßen 169x158 cm das bis dahin größte Format, an das sich der junge Maler wagt. Schon auf den ersten Blick zeigt es sich als der Geniestreich eines ursprünglichen malerischen Talents, das keiner akademischen Schulung bedurfte. Doch damit wäre zu wenig gesagt. Es ist, verstehen wir es richtig zu lesen, ein Programmbild. Es enthält - gewiß unbewusst, denn es strotzt geradezu vor Spontanität - ein Lebensprogramm. Es erklärt das Verhältnis des Malers zur Landschaft und zugleich seine Stellung in der Welt. Es ist das erste aus einer Reihe eindrucksvoller Selbstbildnisse und nimmt die Art vorweg, wie er sich fortan selbst malen wird. Es enthält eine kraftvolle, ganz unerotische Aktdarstellung und beschreibt zugleich die von größtem Feingefühl geprägte Beziehung zu seiner Frau, wie es darüber hinaus seine Beziehung zu allem Lebendigen andeutet. Es ist Boeckls Schicksalsbild. Wir zögern nicht, es auszusprechen: Ein Jahrhundertbild.

An einem Waldrand erscheint ein Paar, begleitet von seinen zwei Hunden. Es hat sich - ganz wird die räumliche Position nicht klar - auf einem gestürzten Baustamm niedergelassen (Oder lehnt der Künstler an einem Ast des Baumstammes?). Dargestellt sind offenbar der Maler und seine Frau- er in blauer Arbeitshose und weißem Hemd, einen Ärmel hochgekrempelt, sie als Akt in hellrosa-rotem Inkarnat, teilweise von blauen Schatten bedeckt. Hinter dem Paar verdichten sich die Schatten zum undurchschaubaren Dickicht des Waldes. Links neben dem Künstler, der das Zentrum des Bildes ausfüllt, eine Wiese, ein schmaler Weg, von ein paar Bäumen eingefaßt, ein See, ein Gebirgsmassiv, ein von schweren Wolken bedeckter Himmel. Was zuerst ins Auge springt ist die souveräne farbliche Behandlung. Das Bild lebt ganz aus der Farbe. Die Darstellung der Figuren kommt ohne jede Umrisszeichnung aus. Die Körper sind ausschließlich aus farbigen Flecken und Flächen modelliert. Diese bestimmen auch die Bildstruktur. Die pastos aufgetragene Farbe verbindet sich zu einem dichten Gewebe, kleine farbige Formeinheiten fügen sich größeren ein. Gerbert Frodl hat Boeckls Behandlung der Farbe sehr genau beobachtet. "Die Ölfarbe wird für ihn nun gerade zu Modelliermaterial, aus dem er die Formen wie mit den Händen knetend hervorbringt. Es ist kein Zufall, daß er nicht nur die Gesichter bis ins Detail, wie modellierend, durchgeformt hat, sondern auch eine seiner Hände. Die starken Konturen, die bisher Formen betonten oder sogar bildeten, sind verschwunden. Stattdessen baut er von innen heraus, fast als habe er es mit Lehm und nicht mit Ölfarbe zu tun."

Das Bild lebt aus der Spannung einer Fülle von Blau- und Rottönen, zwischen die sich, aufhellend oder verdunkelnd, trennend oder verbindend, ein blendendes Weiß und ein tiefes Schwarz und eine Skala von Grüntönen schieben. Noch reicher als die Abstufungen des Grün sind die des Blau: Im hellen Blau des Sees spiegelt sich das dunkelviolette Blau des Berges und das Blaugrün der Wolken, über der Wolkenwand hat sich der Himmel schwarzblau eingefärbt, das Hemd und die hellblaue Hose des Malers scheinen von Sonnenlicht getroffen, indes das Inkarnat der Frau einen phantastischen Reichtum an Rottönen entfaltet und sie von innen heraus strahlen lässt. Diese beiden Menschen wissen sich eins mit der Natur. Sie sind von ihr aufgenommen, in ihr geborgen, mit ihr in einem unauflösbaren farbigen Muster verwoben. Sie sind aus dem gleichen Stoff wie alle Natur. Mit jeglicher Kreatur fühlen sie sich geschwisterlich verbunden. Ihr Platz in der Welt steht fraglos fest. Aus dieser Mitte heraus werden sie ihr Leben führen. Alles in diesem Bild wirkt selbstverständlich und unspektakulär. Als Edouard Manet 1863 in Paris im Salon des Refusés das "Frühstück im Grünen" ausstellte, rief es Sensation und Skandal hervor: Zwei Männer hatten sich mit einer nackten - vielleicht gerade einem Bad im nahem Fluß entstiegenen - Frau zu einem Picknick auf einer Waldlichtung niedergelassen, und das Dunkel ihrer eher zu einem Salonempfang passenden Bekleidung unterstrich noch die Nacktheit der Frau, thematisierte und skandalisierte sie. Nichts davon bei Boeckl, obwohl, vom Thema her gesehen, das Auftreten eines Aktes unmittelbar neben der Figur eines bekleideten Mannes auf einer Waldlichtung durchaus zu einer malerischen Sensation hätte hochgespielt werden können. Im Gegenteil. Boeckl vermeidet alles, was den Betrachter die Szene als außergewöhnlich oder gar im entfernten anstößig empfinden lassen könnte. Die Farbe der Haut kontrastiert nicht, wie bei Manet, aufs schärfste mit ihrer Umgebung, sondern fügt sich ihr organisch ein. Mehr noch. Alle Glut, alle Wärme, zu der die Natur fähig ist, scheint sich darin zu sammeln und zu verdichten. In einem Punkt glauben wir der sensiblen Beobachtung Gerberts Frodls widersprechen zu müssen. Zwar stimmen wir überein, wenn er das Resümee zieht. "Das Bild zeugt von dem großen Vertrauen, von dem er zu jener Zeit erfüllt gewesen sein muß."

Aber seine Einschätzung der Figur des Malers in seinem Verhältnis zur ihn umgebenden Welt wie zu seiner Frau neben ihm vermögen wir nicht zu folgen: "Alles um ihn herum ist ihm untergeordnet, die Frau ist ein Akt im Freien und nicht seine Frau, und die Landschaft erhält durch ihn als ihren Schöpfer Leben und Existenz." Verhält es sich mit dem Künstler und der Natur und mit der Erscheinung seiner Frau in Wahrheit nicht ganz anders? Gewiß, der Maler sieht sich im Einklang mit der Natur. Aber ist er deswegen der Triumphator, dem alles untertan ist, wie Frodl meint? Da ist nichts von jener Siegerpose zu spüren, die den Weidmann stolz den Fuß auf die erlegte Strecke setzen lässt. Sein Verhältnis zur Natur scheint viel eher ambivalent, von einer gegenseitigen Abhängigkeit gekennzeichnet. Sie ist es, die ihn hervorgebracht hat, aber er besitzt die Kraft, sie zu verwandeln, sie ins Bild zu bannen, ihr Dauer zu verleihen. Eine Ahnung jener komplexen Beziehung von Künstler und Natur, wie sie Boeckl in seinen späten Jahren wieder und wieder reflektiert hat, zeichnet sich in der Figur am Waldrand ab. Dieser Mann ist tatendurstig, der Ärmel des Hemds ist hochgeschoben, die massigen Hände sind fähig zuzupacken. Er ist bereit, auch die schwierigste Arbeit auf sich zu nehmen, die gewaltigste Aufgabe anzugehen. Aber er schlägt nicht über die Stränge. Er ruht in sich. Er kennt seine Grenzen. Er braucht weder sich selbst noch uns etwas zu beweisen. Auch das Verhältnis zu seiner Frau erscheint uns in ganz anderem Licht, als es Frodl sieht. Anders als etwa der weibliche Akt am Ufer in "Sommerabend am Klopeiner See" (Tafel 14) von 1923, der sich neben eine bekleidete männliche Figur ins Gras gestreckt hat und der gesichtslos bleibt, ist hier keine anonyme Aktfigur gemeint, sondern ein konkretes menschliches Wesen. Beschworen wird die individuelle Erscheinung, ein beseeltes Geschöpf aus Fleisch und Blut. Ein inniges Verhältnis verbindet den Maler mit diesem Wesen. Ihr Nebeneinander ist selbstverständlich und völlig gleichberechtigt. Wir spüren, daß sich der Künstler auf die Frau neben ihm wird stützen können, daß er sie braucht, und daß er sich aus einer Art Urvertrauen heraus auf sie verlassen kann. Wir wissen, vor allem von den Familienbildern her, die Boeckl in den nächsten zweieinhalb Jahrzehnten schuf, wie viel seine Familie ihm bedeutet hat und wie sehr er den Halt, die Verankerung in ihr vor allem in Zeiten der Anfechtung gebraucht hat. Auch dieses ruhige Neben-und Miteinem- anderen-Sein als eine Grundbedingung der eigenen Existenz erscheint mit in diesem Bilde angelegt. Wenngleich sich die beiden Figuren auf unserem Gemälde nicht ansehen, spüren wir doch, wie sehr sie vom anderen wissen und von ihm erfüllt sind. Das zu zeigen, genügen Andeutungen; das Rot des nackten Armes des Mannes neben dem Körper der Frau, das die Farbe ihrer Haut aufnimmt, der blaue Schatten, der von der Figur des Malers auf seine Begleiterin fällt, die Haltung der Hände. Wie wenige verstand es Herbert Boeckl, einer tiefen Emotion Ausdruck zu geben und dabei den leisesten Anflug von Sentimentalität zu vermeiden.

Das Ich: ein Malprozeß

Die ersten Selbstbildnisse, die wir von Herbert Boeckl kennen zeigen ihn zusammen mit seiner Braut (Die Verlobten, 1918), bzw. seiner Frau (Gruppe am Waldrand, 1920, Frontispiece). Erst in der Gemeinschaft mit ihr konnte er sich zu dem entwickeln, der er werden sollte, fand er die Kraft, sein Werk anzugehen. Nicht zufällig ist das erste Selbstbildnis, in dem er allein figuriert, das sogenannte Pariser Selbstbildnis von 1923 (Tafel 12), seiner Frau gewidmet und in der Malfläche bezeichnet: "Meiner Maria Paris 16.III. 23" Den Selbstportäts kommt im OEuvre Herbert Boeckls ein besonderer Sellenwert zu. Einem einzigen seiner Autoporträts, dem letzten, das wir kennen (Selbstbildnis, 1948 , Tafel 32), in dem der Künstler mit clownartig geschminktem Mund und weiß getupfter Nase erscheint, widmete Jean Clair eine eigene ausführliche Studie. Der Werkkatalog verzeichnet insgesamt 21 Selbstbildnisse. Mehrere davon müssen als verschollen gelten, sind nur zum Teil in Fotografien überliefert. In ihrer Bedeutung aber können die Selbstbildnisse kaum überschätzt werden. Gerade in ihrer Verschwiegenheit, in ihrem offenbaren Willen, einem Betrachter nichts über die Person des Künstlers mitzuteilen, sagen sie uns sehr viel. Herbert Boeckls Selbstbildnisse sind, auch wenn sie unverkennbar die eigene Person bezeichnen, nicht primär auf Ähnlichkeit angelegt. Es geht Boeckl nicht um physiognomische Details. Jede Art von psychologischer Recherche ist ihm völlig fremd. Der Abstand zu den berühmten frühen Porträts von Oskar Kokoschka lässt sich größer gar nicht vorstellen. Boeckl hat nichts von Kokoschkas sogenanntem "Röntgenblick". Er analysiert nicht. Er hat nichts zu erzählen. Boeckl malt sich nicht selbst, um verstanden zu werden. Diese Selbstbildnisse sind in einem besonderen Sinn "gebaute Bilder". Im Zuge des Malprozesses baut er sich selbst als Figur auf. Es wäre nicht richtig zu sagen, er "gibt sich wieder". Denn der Gegenstand seiner Malerei, das wiedergegebene Modell, entsteht erst im Vorgang des Malens. "Er selbst", das ist ja keine feste Größe, ist nichts, was er besitzt - ist nichts, worauf er zurückgreifen kann. Was er ist, muß er immer wieder neu erringen, indem er malt. Der Maler ersteht, indem er das eigene Bild schafft. In allen Selbstbildnissen von Herbert Boeckl ist von früh an das Bewußtsein der eigenen Sterblichkeit spürbar. Der Gedanke an den Tod lässt sich nie ausschalten, und naturgemäß wird er mit den Jahren, wie wir an diesen Bildnissen sehen können, immer mächtiger. Vielleicht war er nach dem "Selbstbildnis mit der aufgeschminkten Clownmaske" von 1948 übermächtig geworden und hat den Maler daran gehindert, sich je wieder selbst darzustellen. Jeder Blick in den Spiegel muß ihm - wie Jean Cocteau es einmal ausgedrückt hat - "den Tod am Werk" gezeigt haben.

Es gehört zum Außerordentlichen seiner Selbstporträts, dass er sich darin - wovon wir uns durch einen Blick auf die Entstehungsdaten leicht vergewissern können - jeweils älter macht, als er nach Lebensjahren tatsächlich ist. Das hat nichts mit Koketterie zu tun. Es ist vielmehr, als wäre diesem Mann eine Zentnerlast auf die Schultern gelegt, die er zu tragen hat, eine Last von unvordenklich vielen Jahren. Es ist, als zählte er zum eigenen Lebensalter Mal für Mal das Alter der Welt hinzu.

Etwas davon widerfährt auch den frühen Bildnissen, die er von seiner Frau gemalt hat. Weder das Bildnis Maria Boeckls von 1922 (Schlafendes Mädchen, Tafel 7) noch das von 1924 (Die Sinnende) sind Porträts einer jungen Frau. Sie scheinen in die Zukunft projiziert und so dem Zugriff der Zeit entzogen. Nur ein Künstler, dem die Nähe des Todes in allen Erscheinungen stets selbstverständlich vertraut gewesen ist, hat solche Bildnisse malen können.

Wir kommen zurück zur Gruppe am Waldrand von 1920 (Tafel 4). Die ganze Folge der späteren Selbstbildnisse, die ganze Reihe der Bildnisse seiner Frau Maria Boeckl sind in den Figuren jenes Paares, das aus dem Wald heraustritt, angelegt. Hier ist alles vorweggenommen, was sich uns in der Entwicklung des Werkes als eine unveränderbare Grundkonstellation zu erkennen geben wird. Da ist es gewiß kein Zufall, wenn die Erscheinung dieses charaktervollen Paares ganz in die Natur eingebettet bleibt.

Wieland Schmied

Leben und Werk

1894:
Dem am 3. Juni als Sohn des Ingenieurs und Professors an der technischen Gewerbeschule, Leopold Böckl (1856-1930) und er Paula Böckl, geborene Münchsdorfer (1870-1954) in Klagenfurt geborenen gibt die südlichste Landschaft Österreichs das früheste auch später noch in der engen Verbindung von romanischem und slawischem Erbe fortwirkende Gepräge.

1912:
Bewerbung um Aufnahme in die Wiener Akademie der bildenden Künste wird abgelehnt. Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Wien. Einige Zeit Privatschüler bei Adolf Loos

1914-1918:
Teilnahme am Ersten Weltkrieg, vornehmlich an der Kärntner Front gegen Italien. Bereits in dieser Zeit malerische Arbeiten. GEMÄLDE: "Bruno Grimschitz in der Astgabel" (1916)

1918-1920:
Vehementer Aufbruch künstlerischer Arbeit. Boeckl heiratet 1919 in Wien Frau Maria Plahna.
Anfänglich beeinflußt durch Egon Schiele, der seinerseits, nachdem er Arbeiten Boeckls in Klagenfurt gesehen hatte, diesen dem Wiener Kunsthändler Gustav Nebehay zur Förderung empfahl. Eindruck machen Arbeiten von Oskar Kokoschaka, doch am entscheindsten war die Beschäftigung mit ostasiatischer Kunst, vornehmlich mit Hokusai. Das Spätwerk von Lovis Corinth zwingt Boeckl zur Auseinandersetzung. In diesen Jahren entsteht ein reiches Werk an Zeichnungen und Aquarellen, in dem sich verschiedenen Gruppen unterscheiden lassen:
a) Frühe, stark koloristische Landschaften mit breitem, trockenem Pinsel in Wasserfarben
b) Bewegte lineare Aktzeichnungen in Kohle mit knappen Körperschattierungen, oft in Flecken konzentriert
c) Farbintensive Landschaften, meist auf drei Grundfarben (Blau, Rot, Grün) beschränkt, breiter und nasser Pinsel
d) Lineare Landschaftsabbreviaturen, beginnend mit Pinselzeichnungen und Kohlezeichnungen bis zu völlig einfarbigen, pastosen Lineamenten
e) Mit nassem, breitem Pinsel in fleckiger Aneinanderfügung weniger Farben angelegte Aquarelle
f) Akte und einige Porträtköpfe in Kohle mit stärkster Plastizität die durch Schattieren, Wischen und herausgeholte Lichter eine geradezu visionäre Körperhaftigkeit erreichen
g) Akte und Stilleben mit spitzem, zartem Pinsel in hellen, oft dünn gestrichelten Farben in Lila, Rot, Violett und leichten Tönen. Diese Blätter erstrecken sich dann in die nächste Periode bis 1924

1921/22:
Kunsthändler Nebehay schließt mit Boeckl einen Förderungsvertrag, der dem Künstler eine Studienreise nach Berlin ermöglichte.
Starke realistische Eindrücke bringen eine neue Wirklichkeitssicht, aber auch gewisse Züge einer Depression:diese bewirkt, ausgehend von dem Stilleben mit der toten Taube, auch in der Zeichnung eine entscheidende Wendungen zum hintergründig Makabren. (Boeckls Lieblingsautor war Dostojewsky). Heftige, dunkle und in kaum gebändigten Kohlestrichen zerwühlte Darstellungen folgen. Im Berliner Skizzenbuch zeugen Blätter mit Rohrfeder in Tusche von wilder Energie in der Schilderung der Eintönigkeit elender Hinterhöfe.

1923:
Reise nach Paris, Begegnung mit den klassischen Werken der Moderne, stärkste Eindrücke von Cézanne und van Gogh wie von Delacroix, Géricault, Millet und Courbet. Auseinandersetzung mit dem Kubismus im Sinne neuer Raumkörperlichkeit.

1924:
Reise nach Sizilien, sehr wesentliche neue Eindrücke durch die mächtige Landschaft und durch die Antike. In der Zeichnung folgt daraus eine strenge Vereinfachung auf kubische Naturformen in tektonischer Monumentalität.

1925/26:
in den Zeichnungen prägt sich der Einfluß Cézannes immer stärker aus:die Naturformen beruhigen sich, bleiben aber dennoch von starker innerer Spannung. Deutlich zeigt sich dies in den reifen Blumenstilleben. Auch im Selbstporträt bahnt sich hinter der mächtigen Ruhe eine neue schöpferische Erregung an.

1927-1930:
Es verfestigen sich die Naturformen zu sehr klaren, doch außerordentlich dynamischen Schilderungen lebensvoller realer Wirklichkeit, doch nicht ohne bei aller, fast detaillierter Plastizität sehr emotional zu wirken. Um 1928 beginnt eine entscheidende neue Phase: die breiten, transparenten, dünn lasierenden Wasserfarben bedecken nun die ganze Malfläche und zeigen mit dieser neuen Räumlichkeit eine völlig veränderte Einstellung zur Außenwelt.

Boeckl Anatomie

1931:
Die Summe aller dieser vorangegangener Jahre, aller Probleme malerischer und denkerischer Art, zeigt das Gemälde Anatomie. Die in der Prosektur des Kaiser Franz Josef Spitals geschaffenen Studien sind bei aller naturnahen neusachlichen Realität von einzigartiger suggestiver Kraft und ergreifender Größe.

1932, 1934, 1936:
Teilnahme an der Biennale in Venedig.

1933-1936:
Die Arbeiten dieser Periode schildern die Umgebung von Perchtoldsdorf, die Familie. Eine große Anzahl von Aktzeichnungen ist die Frucht dieser Jahre.

1935:
Berufung als Professor an die Akademie der bildenden Künste in Wien

1937:
Reise nach Paris

1938:
Reise nach Italien

1939-1966:
Im Abendakt, einer Pflichtveranstaltung für die Schüler der Meisterklassen unterrichtet Boeckl u.a Arnulf Rainer, Oswald Oberhuber, Alfred Hrdlicka

1939/40
Die transparenten Wasserfarben der Aquarelle gewinnen stärkere Intensentität und Leuchtkraft

1941:
Reise nach Prag und Berlin

1942/43:
Auseinandersetzung mit dem Erzberg. Das spannungsreiche Gegeneinander glühender und kalter Farben ist von symbolhafter Bedeutung.

1944/45:
Der Aquarellpinsel wird breiter und in voller Nässe in langen Zügen hingestrichen.

1947:
Gemälde Erzberg II
In dem schönen vorbereitendem Aquarell scheint sich uns das Geheimnis der künstlerischen Persönlichkeit zu offenbaren

1949:
Anlässlich der Beteiligung an der Ausstellung "Salon de Mai" reist Boeckl mit dem Bildhauer Fritz Wotruba nach Paris.
Aufenthalte im "Toten Gebirge" (Oberösterreich/Steiermark), wo eine Serie von Aquarellen und Ölbildern entsteht.

1949/50:
Seit 1949 arbeitet Boeckl an der Bewältigung von Problemen der menschlichen Figur.
Ausdruck davon ist die Gemäldeserie "Der Dominikaner". Immer weiter geht der Künstler in den fünf verschiedenen Fassungen; über die Zeichnung erfolgt sodann sogar die Umsetzung in die Graphik;zwei Aquatintablätter sind das Ergebnis.

1950:
Teilnahme an der österreichischen Ausstellung in der Venediger Biennale und an einer internationalen Ausstellung in Pittsburgh/USA, sowie an der "Mostra Internazionale del Disigno Moderno", Bergamo.

1952:
Reise nach Spanien. In Madrid entsteht ein Collage-Entwurf der Fresken an der Stirnwand der Engelskapelle im Stift Sekau/Steiermark. Beginn der Ausmalung der Sekauer Engelskapelle.

1954:
Ausstellung in der Städtischen Galerie München. Eröffnung der "Galerie nächst St. Stephan" mit einer Boeckl-Ausstellung.

1955:
Reise nach Griechenland und Kreta.
Die graphische Sammlung Albertina veranstaltet in Laibach eine Boeckl-Ausstellung.

1956:
Beteiligung an der Ausstellung "Kunst aus Österreich" in Amsterdam und Eindhofen. Reisen nach Paris und in die Schweiz.

1957:
Beteiligung an der Ausstellung "Österreichische Kunst" in der Berner Kunsthalle.

1958: Boeckl Staffelei
Boeckl zeigt in der Brüsseler Weltausstellung den Bildteppich "Die Welt und der Mensch".
"50 Jahre Moderne Kunst" in Brüssel.

1959:
Reise nach Ägypten und in den Libanon.
Biennale in Sao Paolo.

1960:
Ausstellung "Österreichische Kunst" in London.

1961:
Ausstellung "Österreichische Kunst" in Brüssel. Auswahl seiner Aquarelle und Gemälde im Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen/Schweiz.

1962-1965:
Rektor der Akademie der bildenden Künste, Wien.

1964:
Vertritt Österreich bei der Venediger Biennale. Freundschaft mit Giorgio Morandi. Personalausstellung im Wiener Museum des 20. Jahrhunderts.

1966:
Herbert Boeckl stirbt am 20. Jänner in Wien.

Der Landschaftsmaler (120 von 364 Ölbildern) entwickelt die geometrischen Grundformen und die Chromatik der Farbkontraste Cézanne`s weiter.
Die unmittelbare Begegnung mit der französischen Kunst und Eindrücke aus dem mittelmeerischen Kulturraum klären die Formvorstellungen Boeckls.
Die letzte Boeckl Ausstellung in der Wiener Galerie Würthle fand 1991 statt.

Boeckl-Schwerpunkt in Wien zum 40.Todesjahr
Ab 21.März sind die Boecklbestände (22 Bilder) der Österreichischen Galerie im Belvedere ausgestellt.
Daueraustellung (Boeckl-Saal) im Leopold Museum, Wien